Der bekannte Journalist und Autor Jürgen Roth schloss am 28.
September 2017 für immer die Augen.
Sarkastisch erscheint es, dass die Medien am Tag darauf
berichteten, dass Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder Aufsichtsrat beim
russischen Öl-Giganten Rosneft wird. Ausführlich berichtete Zeitonline von
diesem umstrittenen Geschäft. Die Kritik von außen war groß. Dass der russische
Staatspräsident Wladimir Putin ein guter Freund von Schröder ist, bleibt
unumstritten. Freundschaft, das ist kein krimineller Akt, das ist eine Bande,
die wirklich zählt und hilft.
Die Rückmeldungen bis zum heutigen Tag, Jürgen Roth erlag
eines natürlichen Todes, die Beschäftigung mit den Recherchen des
Schriftstellers Jurij Felschtinskij lässt Zweifel offen.
Aber das Netzwerk der Macht geht weiter. Als Aufsichtsrat
bei Rosneft wird Schröder künftig formal die Aufsicht über den Vorstandschef
Igor Setschin führen, der wie Schröder ein enger Weggefährte des russischen
Präsidenten Wladimir Putins ist und als einer der mächtigsten Männer Russlands
gilt. Setschin hat Rosneft mit umstrittenen Methoden zum größten Ölkonzern des
Landes gemacht. Kritiker bemängeln, der Kreml nutze Rosneft und Gazprom als
Druckmittel in seiner Außenpolitik.
Im Bestechungsprozess gegen den ehemaligen russischen
Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew soll Rosneft-Chef Igor Setschin als Zeuge
aussagen. Das entschied ein Moskauer Gericht vor einigen Wochen laut DPA auf
Antrag der Staatsanwaltschaft.
Rosneft, das führt auch zurück in die Uckermark. Im Januar
2017 wurde das Unternehmen Mehrteilseigner der PCK-Raffinerie in Schwedt. Laut
der eigenen Homepage ist Rosneft das drittgrößte Unternehmen in der
Mineralölverarbeitung. Die verarbeitete Menge beträgt rund 12,5 Millionen
Tonnen Rohöl pro Jahr; das sind mehr als 12 % der gesamten
Verarbeitungskapazität in der Bundesrepublik.
Diese aktuellen Entwicklungen werfen Licht auf das
„Spinnennetz der Macht“, das Roth in seinem letzten Buch fokussiert und es
macht mit aller Deutlichkeit auf die Aktualität der Recherchen aufmerksam.
Jede Seite des letzten Buches von Jürgen Roth lässt einen
stocken, und dieses Mal geht er mit aller Härte mit den neuen Paten dieser Welt
ins Gericht. „Bestürzend für die demokratische Gesellschaft ist, dass in
Frankreich, in der Slowakei, in Ungarn, Polen, Österreich, Serbien, Bulgarien,
in den Niederlanden und auch in Deutschland Politiker im Aufwind sind, die
wahlweise Putin in Russland, die neue US-Regierung unter Trump oder Viktor Orbán
in Ungarn zu ihrem Vorbild auserkoren haben und die Demokratie zerschlagen
wollen“, schreibt Jürgen Roth am Ende des Buches.
Mit vielen Zitaten und Quellenangaben hinterlässt er als
Erbe eine besondere Patenschaft und haucht den Phantasien, die man eigentlich
nur in einem Bond-Thriller im Buch oder auf der Leinwand verfolgen kann, Leben
ein. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite.
Jürgen Roth mag das Story-Telling. Die eine Geschichte
mitten aus Europa ist so berührend. Bis zu 1600 Menschen sollen in Budapest
über Initiativen von lokalen Produzenten, Händlern und Zivilorganisationen
unterstützt. Vom Staat sei nichts gekommen. „Dagegen brüstet Orbán
sich damit, dass die Kinderarmut durch Einführung eines schulischen Essensprogramms,
bei dem die Kinder zwischen Schulspeisung und Sozialhilfe für ihre Eltern
wählen müssen, ,praktisch abgeschafft sei´. Die Zahlen von UNICEF sagen etwas
anderes. Angesichts der Tatsache, dass Ungarn zurzeit (2017) die Wachstumsrate
in Europa hat, ist das Folgende nur schwer erträglich. So erhielten Familien
mit einem Monatseinkommen von weniger als 25650 Forint (82 Euro) bisher eine
Hilfszahlung von monatlich maximal 45568 Forint (146 Euro), sodass sie am Ende
– bei abzugsfreier Auszahlung – mit 330 Euro ungefähr auf den gesetzlichen
Bruttomindestlohn eines Arbeitnehmers kamen.“
Dies sei jedoch nur einer von
vielen Indikatoren, die dokumentieren, dass die Neuen Paten keinerlei Interesse
am Gemeinwohl haben, sondern lediglich ihre eigene Vermögensvermehrung im Blick
hätten.
Ein Fazit, das Jürgen Roth aus dem Herzen spricht, das nun
nicht mehr schlägt.
Frank Bürger, Chefredakteur der Prenzlauer Rundschau
Jürgen Roth
Die neuen Paten
Heyne-Verlag
304 Seiten
ISBN: 978-3-453-20189-7
20 Euro
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